Die Fußballclubs im Ruhrpott – Revierderbys

Fußball im Ruhrgebiet ist für viele Anhänger der dort ansässigen Clubs mehr als nur Sport. Er hat eine große soziale und identitätsstiftende Funktion, die ein ganz besonderes „Wir“ Gefühl vermittelt und in dieser Form einmalig in der deutschen Fußball-Landschaft ist.

Die Clubs im „Ruhrpott“ haben eine lange Tradition, ihre Anfänge reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Zunächst galt Fußball als eine Freizeitbeschäftigung für die gehobenen Schüler des Bürgertums und wurde erst nach und nach für die einfachen Leute Westdeutschlands zugänglich.

bvb Fans (Ververidis Vasilis / Shutterstock)

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Die ersten Fußballvereine im Ruhrgebiet

Zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden viele Fußballvereine aus Abteilungen der hiesigen Turnvereine. Besonders beliebt war zu dieser Zeit der heute nicht mehr existierende Duisburger Spielverein, der insgesamt zehnmal die Westdeutsche Meisterschaft gewinnen konnte. Am Anfang des 20. Jahrhunderts ergriff das Fußballfieber auch die Arbeiterklasse und es wurden vermehrt Vereine mit kirchlichem Hintergrund und in Zechensiedlungen gegründet. So führen beispielsweise die Anfänge von Borussia Dortmund auf eine katholische Jugendorganisation im Dortmunder Nordosten zurück. Auch die Gründungen vom MSV Duisburg, Rot-Weiß Essen und Schalke 04 fanden im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts statt. Trotz seiner Ursprünge, die bis ins Jahr 1848 zurückreichen, existiert der VfL Bochum in seiner jetzigen Form erst seit 1938.

Der Aufstieg des Fußballs und die Derbys im Revier

Nach dem ersten Weltkrieg erlangte der Fußball in Westdeutschland eine vorher nie gekannte Popularität. Besonders die Arbeiterklasse fand Gefallen an dem Sport, der früher nur der gehobenen Schicht vorbehalten war. Die Vereine waren sehr in ihrem örtlichen Milieu verwurzelt und dementsprechend groß war die Identifikation der Bevölkerung mit ihren lokalen Helden. So feierte besonders der von Bergleuten gegründete Schalke 04 große Erfolge. Zunächst errang der Verein von 1927 bis 1933 sechsmal die Ruhrbezirksmeisterschaft und konnte im Anschluss von 1934 bis 1942 auch viermal die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Nach dem zweiten Weltkrieg sorgte die neu gegründete Oberliga West für eine Vielzahl von hochklassigen Derbys und fand großem Anklang bei dem Publikum im Ruhrgebiet. Viele legendäre Duelle hatten ihren Anfang in dieser Liga, eine übergreifende Bundesliga wurde erst 1963 ins Leben gerufen. Der besondere Reiz der Liga bestand darin, dass viele sogenannte Zechenmannschaften, Stadtteilvereine mit Verbindungen zu lokalen Bergwerken, eine bedeutende Rolle spielten, Spieler wie auch Fans im gleichen Stadtteil wohnten und teilweise zusammen arbeiteten. Dies schuf eine besondere Nähe und Identifikation mit dem Verein. Als Anfang der legendären Rivalität zwischen Dortmund und Schalke gilt das Endspiel der Westfalenmeisterschaft 1947. Als hoher Favorit war Schalke in die Partie gegangen, verlor jedoch 3:2 gegen Dortmund. Als Frust über die verpasste Meisterschaft nahmen die Schalker Spieler bei der Siegerehrung nicht teil.

Die legendärsten Revierderbys

In der Geschichte der Bundesliga kam es zwischen der Borussia aus Dortmund und dem Schalke 04 zu den meisten Begegnungen unter Revierclubs, gefolgt vom VfL Bochum und MSV Duisburg. Das von der breiten Öffentlichkeit am meisten beachtete Derby sind die Partien zwischen Dortmund und Schalke im Signal Iduna Park oder in der Arena auf Schalke die immer voller Leidenschaft geführt werden und für viele unvergessene Momente sorgen. Beispielsweise fand das Derby im November 1966 fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Grund war der Nebel im Stadion, der für die Zuschauer den Spielverlauf nur erahnen ließ. Der Schiedsrichter war jedoch einer anderen Meinung und so gewann Dortmund 6:2. Das Spiel hat seitdem unter den Schalk-Anhängern den Namen „Nebelkerze“. 1969 kam zu einem weiteren legendären Schlagabtausch. Nach dem Tor zum 1:0 von Schalke stürmten die Schalke Fans freudetrunken das Spielfeld. Mit den Fans rannte auch ein Schäferhund aufs Spielfeld, der dort dem Spieler Neuser in den Oberschenkel und einem weiteren Spieler, Friedel Rausch, in den Hintern biss.

Schalke Fans (Vlad1988 / Shutterstock.com)

Schalke Fans (Vlad1988 / Shutterstock.com)

In den 1990er Jahren sorgte das Derby zwischen Schalke und Dortmund für ein Novum in der Geschichte der Bundesliga. In der Nachspielzeit gelang dem damaligen Torhüter der Schalker, Jens Lehmann, ein Tor aus dem Spiel heraus. Ein Eckball wurde gekonnt vom Tormann zum 2:2 Ausgleich ins Netz geköpft. Damit trug sich Jens Lehmann in die Sportgeschichtsbücher ein und machte sich beim Schalker Anhang unsterblich. 2008 gelang den Borussen wohl die größte Aufholjagd in der Derbygeschichte.

Nach einem 0:3 Rückstand im eigenen Stadion startete Dortmund eine furiose Aufholjagd und konnte noch zum 3:3 ausgleichen. Das Spiel lieferte aufgrund vieler strittiger Szenen und Tätlichkeiten viel Gesprächsstoff für die Fußballkneipen im Ruhrgebiet auch noch Wochen später. Den höchsten Sieg in einem Revierderby errang Schalke gegen den unliebsamen Nachbarn aus Dortmund im Jahre 1940 mit einem 10:0.

Die erfolgreichsten Vereine im Ruhrgebiet

Borussia Dortmund und der Schalke 04 gehören seit der Gründung der Bundesliga sowohl national als auch international zu den erfolgreichsten Mannschaften des Ruhrpotts.

Neben bisher acht nationale Meisterschaften, davon die letzte im Jahr 2012, konnte die Dortmunder Mannschaft 1997 die Champions League und 1966 den Europapokal der Pokalsieger gewinnen. Schalke 04 hingegen konnte insgesamt sieben Mal die Meisterschaft holen, jedoch stammt der letzte Titel aus dem Jahr 1958. International konnten die damaligen „Eurofighter“ 1997 das UEFA-Cup Finale gegen Inter Mailand für sich entscheiden. National gehört Schalke 04 nach einigen Spielzeiten in der 2.Liga seit der Saison 1991/92 dauerhaft der höchsten deutschen Spielklasse an. Der VfL Bochum war von 1971 bis 1993 durchgehend in der Bundesliga vertreten. Es folgten einige Abstiege aus der 1. Liga und Wiederaufstiege. Seit 2010 spielt der Verein durchgehend in der 2. Bundesliga. Ein Highlight für die Fans war sicherlich die Qualifikation für den UEFA Cup in der Saison 1996/97. Erst im Achtelfinale gegen Ajax Amsterdam war Schluss. Auch der MSV Duisburg konnte sich in den 1970er Jahren zweimal für den UEFA Cup qualifizieren. 1999 folgte im Pokal der Pokalsieger der letzte internationale Auftritt. Auf nationaler Ebene gehörte der MSV Duisburg zu den Gründungsmitgliedern der 1. Bundesliga. Bis 1982 spielte der Verein permanent in der höchsten deutschen Spielklasse. Es folgten einige Auf- und Abstiege, die bis in die Oberliga Nordrhein führten. Seit der Saison 2008/09 spielt der MSV Duisburg in der 2. Bundesliga. Rot-Weiß Essen hatte, abgesehen von der Meisterschaft 1955, seine erfolgreichste Zeit zweifelsohne in den 1970er Jahren mit einigen Jahren Erstliga-Zugehörigkeit. Nach der Insolvenz 2010 spielt der Essener Club seit der Saison 2011/12 in der Regionalliga West.

schalke04fans (Fingerhut / Shutterstock.com)

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